Gedichte die mir gefallen ......

Die Zeit ist wie ein Bild

vom Mosaik,
zu nah beschaut,

verwirrt es nur den Blick:
Willst du des Ganzen

Art und Sinn verstehen,
so musst du`s Freund,

 aus rechter Ferne sehen.

 

Emanuel Geibel


Die Lieb ist
wie ein Wiegenlied;
Es lullt dich lieblich ein;
Doch schläfst du kaum,
so schweigt das Lied,
Und du erwachst allein.
 
Theodor Storm 

 

 

Wir müssen
manchmal fallen,
damit wir merken
das wir Flügel haben.
Mit den Flügeln ist
das Vertrauen gemeint,
das Vertrauen
in das eigene Leben.
 
Afschin Kamrani
Rosen des Lebens

Wenn du stirbst
ist der Tod das Ende,
keiner fragt mehr nach dir
und in niemandes Erinnerung
wirst du weiterleben,
weil du nie teilhattest
an den Rosen
des Lebens
im Haus des Hades
wirst du nur
ein Schatten sein
in der Mitte des Windes -
im Nichts.

Sappho

 

Dein Album ist
ein Blumengarten,
drin blühen Blumen
aller Arten.
Ich stell in
diesem Blumenflor
im Herzen mir
das Unkraut vor.
Doch wenn die Rosen
welkend fallen,
gedenk des Unkrauts
dann vor allem,
denn meine Liebe
 nie erstirbt,
weil ja das Unkraut
nicht verdirbt.

 

Ideales Zusammensein
 
Nähe ohne Beengung
Geben ohne Erwartung
Zärtlichkeit ohne Absicht
Spiel ohne Kampf
Vertrautheit ohne Ansprüche
Liebe ohne Forderungen
Zauber ohne Ende.
 
© Hans Kruppa

 

Und nun wird es
wieder grün,
und die bunten
Blumen blüh´n.
Blümlein gelb und
rot und blau seid
gegrüßt in
Feld und Au.

von Fallersleben

 

Frühlings-Seufzer

 

Grosser Gott, in dieser Pracht
Seh' ich Deine Wunder-Macht
Aus vergnüg'ter Seelen an.
Es gereiche dir zu Ehren,
Dass ich sehen, dass ich hören,
Fühlen, schmecken, riechen kann!

 

Barthold Heinrich Brockes

Der Frühling,
die Nachtigall,
das Morgenrot,
des Mädchens
holder Blick: -
Es ist nichts, -
alles ist Jugend!
 
Ludwig Börne

Hier im Wald mit dir zu liegen,
moosgebettet, windumatmet,
in das Flüstern, in das Rauschen
leise liebe Worte mischend,
öfter aber noch dem Schweigen
lange Küsse zugesellend,
unerschöpflich - unersättlich,
hingegebne, hingenommne,
ineinander aufgelöste,
zeitvergeßne, weltvergeßne.
Hier im Wald mit dir zu liegen,
moosgebettet, windumatmet...

Christian Morgenstern
(1871-1914)

 

Heimat ruht in Herbstes Armen,
Wind greift voll ins schöne Haar,
Wolken werfen Schattenbilder,
Lieder klingen rein und klar.
Durch die Lüfte sturmgeläutert,
durch die Herzen trostbereichert,
sinkt der Früchte reife Schar.

Carl Peter Fröhling

 

Für Vincent
  
Irgendwo blüht die Blume
des Abschieds und streut
immerfort Blütenstaub,
den wir atmen, herüber;
auch noch
im kommendsten Wind
atmen wir Abschied.

Rainer Maria Rilke

 

 


Noch einmal fällt in meinen Schoß
die rote Rose Leidenschaft;
noch einmal hab'ich schwärmerisch
in Mädchenaugen mich vergafft.
Noch einmal legtein junges Herz
an meines seinenstarken Schlag;
noch einmal wehtan meine Stirn
ein juniheißer Sommertag.

Theodor Storm
"Kinder sind keine Garantie
gegen Einsamkeit im Alter ......"

Ich las es einmal irgendwo
und dachte mir dabei
wer das so schreibt der fühlt wie ich,
mir wurde schwer ums Herz dabei.

Du kriegt den schönsten Platz am Tisch
als "Altersdeko" sozusagen,
doch sprechen tut man mit dir nicht -
was hast du schon zu sagen?

Die Jungen plaudern unter sich
von Urlaub, Job und Geld.
ICH scheine gar nicht existent
- sie sehn nur ihre Welt.

Und irgendwann da sag ich "Zschüß " -
man schaut erstaunt zu mir,
du willst schon gehn - gefällts dir nicht
bei deinen Kindern hier?

© Lilotte

 

 

MELANCHOLIE

Melancholie schwebt über mir
und träufelt auf mein Herz.
Es schmeckt so manches bittersüß.
Es ist kein Weh, kein Schmerz.

Und doch weiß mancher, was das ist.
Es ist kein Hoch, kein Tief.
Die Stimmung heißt: Melancholie,
die heute nach mir rief.

© Christine Wolny

 

Dämmerstunde

Im Sessel du,
und ich zu deinen Füßen,
Das Haupt dir zugewendet,
saßen wir;
Und sanfter fühlten
wir die Stunden fließen,
Und stiller ward es
zwischen mir und dir;
Bis unsre Augen
ineinander sanken
Und wir berauscht
der Seele Atem tranken.

Theodor Storm

 

 


Ein gut Gedicht ist wie
ein schöner Traum,
Es zieht dich in sich,
und du merkst es kaum;
Es trägt dich mühlos fort
durch Raum und Zeit,
Du schaust und trinkst
im Schaun Vergessenheit,
Und, gleich als hättest
du im Schlaf geruht,
Steigst du erfrischt
aus seiner klaren Flut.

Emmanuel Geibel

 

 

"Du" und "Sie"

Sie sagte statt des leeren "Sie"
Das traute "Du" mir aus Versehen -
Und schon verheißt die Phantasie
Erhörung meinem Liebesflehen!

Ich schau sie an glückseliglich,
Nach jedem ihrer Blicke geizend;
Ich spreche laut: "Wie sind Sie reizend!"
Und denke still: "Wie lieb ich dich!"
 
Alexander Puschkin

 


Geheimnis

Was an Liebe Du erfahren,
Trage tief in Deiner Brust,
Wo es Keiner mag gewahren,
Keinem außer Dir bewußt.

Denn nur Liebende beglücken
Kann die Liebe - andre nicht;
So wie Sterne nur entzücken,
Die da sehen - Blinde nicht!
 
Carl Dräxler-Manfred
(1806-1879)

 

 

Stubenhocker
 
Zieh dich an und geh mal raus,
mach´ ne Runde um das Haus
setze dich auf ne´Bank und staune -
die Natur hat gute Laune.
 
Nur im Zimmer welch ein Graus
das hält niemand ewig aus.
Schau dir Blumen, Bäume an -
herrlich die Natur sein kann.
 
Immer nur allein im Zimmer
Langeweile - immer schlimmer
ständig nur was mach ich bloß
auf die Plätze fertig los .....
 
 
© Lilotte / 2007

 

NÄCHSTENLIEBE

Lieber Gott, an manchen Tagen,
muss ich Dir ganz ehrlich sagen,
platzt mir fürchterlich der Kragen,
und da muss ich mit mir ringen,
denn es könnte mir gelingen,
meinen Nächsten umzubringen,
den ich – ich versteh Dich voll-
wie mich selber lieben soll.
Lieber Gott, da wär es toll,
könntest Du in deiner sachten
und so wunderbar bedachten
Art besonders auf mich achten.


© Sonja Marlin



 

Ganz oder gar nicht

Wer da will der Liebe leben,
Muß sich ganz der Liebe geben,
Sich nicht teilen, nicht zersplittern,
Ganz im Kuß hinüberzittern;
Muß des Herzens ganzes Drängen
Auf des Mundes Spitze zwängen;
Muß nicht denken, rechnen, klügeln,
Sich nicht fesseln oder zügeln;
Muß den Arm nicht ängstlich halten,
Gilt es, Hüften zu umfalten;
Nicht voll Scheu die Hand befühlen,
Gilt's, im seidnen Haar zu wühlen;
Muß im seligen Versenktsein
Unklar, ob er ist und denkt, sein.

Moritz Graf von Strachwitz
(1822-1847)

 

Und es ist doch Liebe .....

 
Was die Menschen sagen,
weiß ich alles schon,
aber was sie tragen,
flüstert kaum ein Ton.

Und es ist doch Liebe,
was zusammenhält,
die sonst sinnlos bliebe,
diese wirre Welt.

Richard von Schaukal
(1873-1942)